Melrose Abbey

Von Hagen|12. November 2016|Europa, Lowlands, Schottland, TRAVEL

Hagen. Bei unserem Trip durch die Scottish Borders im Sommer 2015 führte uns unsere Tour am zweiten Tag von der Jedburgh Abbey zur Melrose Abbey. Sie ist eine der eindrucksvollsten Kloster- und Kirchenruinen, die ich kenne. Schon bei meinem ersten Schottlandurlaub Anfang der 1990er mit meinen Eltern hat mich diese Abbey beeindruckt und war mir als einer der atemberaubensten Orte Schottlands in Erinnerung geblieben. Auch bei diesem, meinem zweiten Besuch, hat sie Nichts von ihrer Kraft verloren.

Jedoch blieb uns nur eine Stunde, bevor das Gelände geschlossen wurde. Zu wenig, um das Bauwerk und das Gelände komplett zu erfassen und seine Wirkung entfalten zu lassen, so dass wir am darauffolgenden Tag nochmals wieder kamen.

Diese Abtei war aber nicht der erste Kirchenbau in Melrose. Nur 2,5 Meilen östlich vom Standort der Abbey entfernt, als Melrose noch „Mailros“ hieß, gab es schon einmal ein Kloster. Es wurde in der Mitte des 7. Jahrhunderts auf Weisung des Heiligen Aidan erbaut. Dieser Mann hatte erst wenige Jahrzehnte zuvor das Kloster Lindisfarne auf der Heiligen Insel gegründet und war der dortige Bischof, von wo aus er sich der Re-Christianisierung des ins Heidentum zurück gefallenen Reiches Northumbria widmete. Der Bau des Klosters Mailros ist in diesem Zusammenhang zu sehen und schon bald wurde es von Mönchen, die ursprünglich von Iona kamen, besiedelt. Iona, auf den inneren Hebriden gelegen, galt lange Zeit als „Heilige Stätte“, auf der viele Könige begraben liegen und vermutlich das „Book of Kells“ verfasst wurde.

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Kein Wunder, dass das Kloster bei solchen Vorzeichen auch einige Heilige hervor brachte. So zählte Eata zu den ersten zwölf angelsächsichen Knaben, die dort ausgebildet wurden. Schon um 650 wurde er Abt des Klosters, bevor er erst Abt, dann Bischof von Lindisfarne wurde. Danach diente er noch als Bischof von Hexham. Aber zu der Zeit, als der Heilige Eata noch Abt in Mairos war (im Jahr 651, um genau zu sein), trat ein Schafhirte mit einem Hüftleiden in das Kloster ein. Dieser Junge hatte eine Vision, in der Engel den Heiligen Aidan in den Himmel geleiteten – und das genau am selben Tag, an dem dieser auf der Heiligen Insel verstarb. Daraufhin entschied sich Cuthbert sein Leben in den Dienst für Gott zu stellen.

Er diente als Mönch im Kloster Mailros, bevor einige Zeit als Prior im Kloster von Ripon tätig war – aber nur so lange, bis dort der römische Ritus eingeführt wurde, denn Cuthbert hing (wie auch sein Heimatkloster) dem iro-schottischen Ritus des Christentums, der – wie wir ja wissen – erst nach 1070 aus Schottland verschwand, an. Nach einiger Zeit in Mailros ging es dann weiter nach Lindisfarne, wo er erst Prior, später sogar Bischof war. Doch zwischen diesen beiden Ämtern lebte er einige Jahre als Eremit auf einer Farne-Insel südöstlich von Lindisfarne. Schon damals wurde er wegen einigen Wundern verehrt, so dass sich der Heilige Cuthbert auf Grund der vielen Pilger sogar gezwungen sah Naturschutzgesetze (die Ersten der Welt!) zu erlassen, um seine Insel zu erhalten.

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Wer meine vorherigen Beiträge über Schottland verfolgt hat, den wird es nicht überraschen, dass das heilige Glück nicht lange hielt. Denn zwei Jahrhunderte später (immerhin hat es so lange gedauert) hatten sich die Stämme im Norden der Insel vereint und das Königreich Alba gegründet. Das Königreich Northumbria selber war durch die Wikingerüberfälle ausgelöscht (wenn auch der Name weiter Bestand hatte). Die Schwäche des südlichen Nachbarn nutzt natürlich Kenneth MacAlpin und machte das, was ein guter König in der damaligen Zeit halt machte: Er ritt in die Schlacht. Während des Feldzuges kam er auch in Mailros, dem „Old Melrose“ vorbei. Danach gab es keinen Ort und kein Kloster Mailros mehr. So schnell kann es gehen.

Erst 1136 kam wieder Bewegung in die Sache, als David I., König von Alba, in Sachen Klostergründung aktiv wurde. Zwei Jahre, bevor er das Kloster in Jedburgh gründete, rief er Zisterzienser aus Rievaulx (in Yorkshire) dazu auf Melrose Abbey zu errichten. Die Abtei in Rievaulx war übrigens auch erst vier Jahre vorher gegründet worden, um Nordengland und Schottland zu missionieren. Eigentlich kamen diese Zisterzienser aus dem Kloster Clairvaux in Frankreich, das wiederum 1115 gegründet wurde. Von Bernhard von Clairvaux übrigens, der nicht nur als Abt und Mystiker bekannt wurde, sondern auch als Prediger der Kreuzzüge, Organisator des zweiten Kreuzzuges und Fürsprecher der Tempelritter. Dieser Mann, der nur zwei Jahrzehnte nach seinem Tod heilig gesprochen wurde, hat zumindest zum Zeitpunkt des Baus von Melrose Abbey noch gelebt.

Wie man an den Daten der Klostergründungen sehen kann, waren die Zisterzienser echt fleissig. Und mit soviel Fleiß und Heiligkeit gesegnet konnte die Abtei und der Ort (der sich natürlich im Laufe der Zeit drumherum ansiedelte) nur gedeihen. Zumal die Mönche sich wohl in der Schafszucht und im Spinnen von Wolle gut auskannten. Diese Vermutung liegt zumindest nahe, da Melrose Abbey schnell zum größten Wollproduzenten Britanniens wurde und das Land um die Abtei von etwa 15.000 Schafen bevölkert wurde.

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Wie bei Jedburgh Abbey endete die friedliche Zeit mit der Invasion des Königreiches Schottland durch den englischen König Edward I. 1296. Erst wurde Melrose besetzt, bevor sie 1322 durch die Engländer geplündert und gebrandschatzt wurde. Der schottische König Robert the Bruce jedoch half den Mönchen dabei, die Abtei wieder aufzubauen. Aber (wieder) nicht für lange, denn nachdem die Schotten 1357 in England einmarschierten, waren die Engländer (wieder mal) sauer und marschierten (auch wieder einmal) in Schottland ein. Und natürlich kamen sie auf ihrem Weg auch in Melrose vorbei. Die Chronisten berichteten, dass sie mit lodernden Flammen Gottes Tempel und heiligen Plätze niederbrannten, so die Klöster von Melrose, Dryburgh und Newbattle.

Ironie der Geschichte: Die Armee von Richard II. brennt das Kloster nieder und 1389 spendet dieser englische König Geld, damit sie wieder aufgebaut werden kann. Hätte man vorher nachgedacht hätte man sich das Geld sparen können. Aber damit das Geld in gewisser Weise in England blieb (denn die Borders waren ja „nur“ besetztes Gebiet) waren es vornehmlich englische Baumeister, die in Melrose ans Werk gingen. Das ist auch der Grund, warum die Abtei einige englische Stilformen aufweist. Doch auch kontinental-europäische Stilelemente finden sich aus dieser Zeit, denn auch der französische Baumeister John Morow (sein eigentlicher Name lautete Jean Moreau) war am Wiederaufbau beteiligt. Dieser hinterließ sogar an einem Treppenaufgang eine Inschrift: „Be halde to ye hende“ („Denk an dein Ende, deine Erlösung“).

Damals erhielt die Abtei auch die ganzen Ausschmückungen und Figuren, die sie so einzigartig machen. Unter ihnen auch das Dudelsack spielende Schwein. Kein Witz. Ich habe es selbst gesehen – und ein Foto gemacht: Hier! Bei den ganzen Verzierungen und Figuren ist es kein Wunder, dass die Arbeiten etwas länger dauerten. Über einhundert Jahre, in der nebenbei Melrose auch wieder in den Schoß des Königreiches Schottland zurück kehrte. 1502 und 1504 war sogar König James IV zu Besuch und verteilte Silber an die Maurer. Dieser König gilt übrigens als einer der fähigsten Monarchen Schottlands – was ihn aber nicht daran hinderte in der Schlacht von Flodden gegen die Engländer zu fallen und zu beweisen, dass ein fähiger König nicht zwingend ein fähiger Heerführer ist.

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Sein Sohn, James V., machte ihm das nicht nach. Der starb im Bett. Krank – ein zumindest paar Tage nach einer verlorenen Schlacht. Angeblich, weil er sich so darüber aufgeregt hatte, dass seine Frau Marie de Guise wieder keinen männlichen Thronfolger geboren hatte, sondern ein Mädchen. Die später berühmt gewordene Maria Stuart übrigens (die uns ja schon mal bei Hermitage Castle über den Weg geritten ist). Und so eine junge, arme Thronerbin von Schottland ist natürlich eine perfekte Partie für den Thronfolger von England – zumindest fand das der englische König Henry VIII. (der mit den vielen Ehefrauen, die zuweilen den Kopf verloren). Da die Schotten nicht der selben Meinung waren versuchte er sie zu überzeugen. Da Überzeugungskraft immer etwas mit Stärke zu tun hat demonstrierte er genau diese, in dem er seine Armee entsandte. Diese Kämpfe nennt man „War of the Rough Wooling“ („Krieg des rauen Werbens“). Passender, aber etwas zynischer Name.

In diesem Krieg setzten die Engländer Feuer an das Kloster. Mal wieder. Besonders kreativ waren die ja damals nicht. Da sie schonmal dabei waren entweihten sie zudem die Gräber. Ironie des Schicksals, dass der dabei befehlshabende Engländer, Sir Ralph Evers, in der Nähe in einer Schlacht (wie auch sonst) starb und dann in Melrose beigesetzt wurde. Die verbliebenen Mönche versuchten zwar die Adligen von einer Reparatur des Klosters zu überzeugen – jedoch vergeblich. Die Reformation im Jahre 1560 brachte das bisherige Leben in Melrose zu einem endgültigen Ende.

Der letzte Abt starb schon 1559. Das war James Stuart, der Sohn von König James V.. Der letzte Mönch, der in Melrose lebte, starb 1590. Schon 1573 ließ Sir Walter Scott of Branxholm („The Bold Buccleuch“, der uns ja auch schon mal begegnet ist) Teile der Kirche wegschaffen, um sie – wie er es begründete – vor der Eroberung durch die Engländer zu bewahren. Apropos Engländer: Die standen tatsächlich auch während des englischen Bürgerkriegs bei Melrose und haben die Ruinen beschossen. Warum auch immer. Ein Teil der Ruinen wurde noch bis 1810 als Gotteshaus der Kirk genutzt, heute sind sie unter der Verwaltung von Historic Scotland.

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Melrose ist aber nicht nur wegen seiner Architektur und seinen vielen Figuren etwas Besonders, sondern auch wegen der vielen besonderen und interessanten Menschen, die hier beerdigt sind. Oder zumindest Teile von Ihnen. Wobei das Herz von Robert the Bruce, dem englischen König, der zur Zeit von William Wallace („Braveheart“) lebte, sicher zu den bekanntesten Überresten zählt. Eigentlich sollte es ja in Jerusalem liegen, aber auf der Reise ist was schief gegangen und so hat man es hier bestattet. Aber der Reihe nach:

Auch ein König von Schottland muss einmal sterben. Das tat er 1329. Und überraschenderweise und obwohl er ja ständig Kriege geführt hat starb er im Bett und auch nicht an den Folgen einer Schlacht. Unter schottischen Königen, wie es scheint, eine nicht normale Todesart. Aber so hatte er wohl noch genug Zeit seinem treuen Freund und Waffengefährten James Douglas, dem Lord of Douglas, um einen Gefallen zu bitten: Er soll sein Herz auf einem Kreuzzug in das Heilige Land bringen. Auf dem Weg dahin wollte James noch kurz den Spaniern gegen die (muslimischen) Nasriden helfen – und hat sich dort 1330 mit seinen Schotten abschlachten lassen.

Angeblich hat der Lord of Douglas vor der Schlacht das Herz vor sich auf den Boden geworfen und gesagt: „Geh voran, tapferes Herz, wie du es immer getan hast und Douglas wird Dir folgen oder sterben.“ Er hat Beides gemacht und dabei den Ursprung des Namens „Braveheart“ gelegt. Das Herz zumindest wurde gefunden und da Keiner mehr da war, der nach Jerusalem wollte, aber ein Schiff nach Schottland ging, wurde es zurück gebracht. Man bestattete es dann in Melrose und dort liegt es – unter einem Gedenkstein – noch heute. Da bei Ausgrabungen wirklich eine Kiste mit den Überresten eines Herzes gefunden wurde, ist diese Geschichte wohl nicht nur eine Legende.

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Aber natürlich sind in Melrose auch vollständige sterbliche Überreste bestattet worden. Unter ihnen auch einige von wirklich bedeutenden Leuten. Wie der Heilige Waltheof von Melrose.

Für den jüngeren Sohn eines normannischen Adligen der damaligen Zeit (also Anfang des 12. Jahrhunderts) typisch war für Waltheof eine klerikale Laufbahn vorgesehen. Der Stiefsohn des schottischen Königs David I. (der ja die Gründung von Melrose Abbey angestoßen hat) wurde erst ein Augustinermönch und stieg schnell auf, denn auch damals waren gute Beziehungen von Vorteil. Schon bald wurde er Prior von Kirkham und 1140 versuchte er Erzbischof von York zu werden. Da seine Beziehungen wohl nicht groß genug waren blieb es bei dem Versuch und er ging ins Kloster Rievaulx, wo er Zisterziensermönch wurde. Fünf Jahre später – 1148 – wurde er Klostervorsteher von Melrose und damit zweites Oberhaupt der dortigen Klostergemeinschaft. Bis zu seinem Tod im Jahre 1159 blieb er in Melrose, wofür er sogar das Bistum St. Andrews ablehnte.

Schon kurz nach seinem Tod wurde die Kunde verbreitet, die auf eine Heiligkeit von Waltheof hinwiesen. Doch dessen Nachfolger, Abt William, weigerte sich diese Geschichten anzuerkennen, suchte sie zum Schweigen zu bringen und wies aufdringliche Pilger ab. Dies entfremdete den Abt jedoch von seinen Brüdern, so dass 1170 Jocelin (von dem im nachfolgenden Abschnitt noch die Rede sein wird) zum Vorsteher des Klosters Melrose wurde. Dieser förderte den Kult um Waltheof, so vermeldete die Chronik aus seinem Antrittsjahr, dass das Grab von Waltheof geöffnet wurde und sein Körper unversehrt und seine Kleidung intakt gefunden wurde. Ein unverwester Leichnam nach zwölf Jahren ist ein Wunder.

Das sahen viele Leute dieser Zeit so. Daher wurde Waltheof von Melrose auch heilig gesprochen und das Kloster Melrose hatte seit dem Ende des 12. Jahrhunderts seinen eigenen Heiligenkult, der natürlich die Wichtigkeit dieses Orts mehrte – wie auch die Anzahl der Pilger und damit auch die Münzen in der Klosterkasse. Wobei ich bisher nicht herausfinden konnte, was er (bis auf den unversehrten Leichnam) noch für Wunder gewirkt haben soll. Aber ich glaube das hat man damals noch nicht so eng gesehen.

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Auch der 1199 verstorbene Jocelin, ein Zisterzienser-Mönch, der vierter Abt von Melrose war, bevor er Bischof von Glasgow wurde, ist in Melrose bestattet. In der Position als Bischof traute er König William der Löwe mit Ermengarde de Beaumant (deren Mitgift übrigens Edingburgh Castle gewesen ist), taufte deren Sohn (den späteren König Alexander II.), gilt als Gründer der Burg von Glasgow und Initiator der „Glasgow fair“. Zudem war er der bedeutenste Patron der Literatur im mittelalterlichen Schottland. Als er merkte, dass sein Tod nahte, begab er sich nach Melrose, um dort im Chor zu sterben.

1258 wurde mit William de Bodington ein weiterer Bischof von Glasgow in Melrose beigesetzt. Dieser Mann war aber nicht nur Bischof, sondern ab 1231 immer mal wieder schottischer Kanzler. Er zählte damit zu den wichtigsten Männern um König Alexander II.. Auch nach dessen Tod war er Kanzler und seit 1255 ebenso Mitglied im königlichen Rat. Er trat auch eine Reise nach Rom an, wohin ihn Papst Gregor IX. gerufen hatte. William war scheinbar ein bedeutender Mann seiner Epoche, bevor er 1258 verstarb.

Der von Jocelin getaufte und von William de Bondington beratene schottische König Alexander II. hat übrigens viel für die Einheit des schottischen Königreiches getan, indem er etliche Clans und Gebiete unter seiner Herrschaft vereinte. Trotz teilweise heftiger Auseinandersetzungen mit den Clans, die sich nicht unter seiner Herrschaft vereinen wollten, starb er nicht in einer Schlacht, sondern an einer Krankheit. Nach seinem Tod im Jahre 1249 wurde auch er in Melrose beigesetzt.

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Hier in Melrose ruhen auch die sterblichen Überreste von William Douglas, dem Ritter von Liddesdale. Von diesem schottischen „Nobleman“ hatte ich im Bericht über Hermitage Castle noch ein sehr übles Bild gezeichnet, da er einen Konkurrenten im Verlies von Hermitage Castle verhungern ließ. Doch das war damals eine raue Zeit und ich befürchte mit Zimperlichkeiten konnte man keinen großen Blumentopf gewinnen. Denn dass er auch als „Flower of Chivalry“ („Blüte der Ritterlichkeit“) bekannt geworden ist muss ja irgendwo seinen Ursprung haben (vermutlich nicht in der Geshichte mit dem besagten Verlies).

William war ein Cousin zweiten Grades von Good Sir James Douglas (der mit dem Herz von Robert the Bruce im Gepäck in Spanien fiel) und Sohn eines Gutsbesitzers. Um 1300 geboren hörte man erst um 1332 von ihm, als der zweite schottische Unabhängigkeitskrieg ausbrach. In diesem Jahr landete John Balliol (der früher mal Konkurrent von Robert I. gewesen war) in Schottland und lässt sich zum König krönen – doch schon drei Monate später muss er nach der Niederlage in der Schlacht von Annan nach England fliehen. Und aus dieser Schlacht ist das erst Mal der Name von unserem William überliefert.

David II., Sohn von Robert the Bruce, konnte wieder den Thron besteigen. Doch die Engländer hätten lieber Balliol als Marionette auf dem Thron gesehen und gingen ihrem damaligem Hobby nach: Sie griffen Schottland an. Im Sommer 1333 mussten die Schotten bei Halidon Hill eine schwere Niederlage einstecken, bei der auch Sir Archibald Douglas, der Guardion of Scotland, fiel. Der junge König (damals gerade 11 Jahre alt) musste nach Frankreich fliehen und Edward II. von England setzte Balliol wieder auf den Thron. Und wo er gerade mal mit einer Armee hier war okkupierte er die Borders und besetzte Edingburgh Castle.

William war Anfang 1333 gefangen genommen worden, so dass er die Schlacht bei Halidon Hill nicht miterleben musste – und überlebte, um zu fliehen und in seiner Heimat Männer um sich zu scharen, mit denen er, in den Schatten lebend, einen Guerillakrieg gegen die Engländer begann. Zu dieser Zeit waren sie die einzigen kämpfenden Gegner der Engländer im südlichen Schottland und seine Gruppen und Aktionen wurde später (unter anderem von Historikern) als „Schulen der Ritter“ bezeichnet. Und daher hat er wohl seinen Beinamen „Flower of Chivalry“. Aber das war erst der Anfang von Williams Unternehmesgeist, denn durch seine Erfolge schlossen sich ihm, der damals auch „Flail of the English and Wall of the Scots“ („Schlegel der Engländer und Wall der Schotten“) genannt wurde, immer mehr Männer an.

1335 nahm er an der Schlacht von Culblean teil, wo er die vordersten Einheiten befehligte. Sein Gegenangriff ermöglichte dem neu ernannten Guardian of Scotland die siegbringende Attacke in dei Flanke des Feindes. Danach konzentrierte sich William auf die Rückeroberung des Südens (wo er zeitgleich natürlich auch seine Macht ausbaute). 1337 übernahm er die Kontrolle über Liddesdale und im Jahr darauf eroberte er Hermitage Castle von den Engländern zurück. Seinen größten Coup landete er aber 1341, als er – als Kaufmann verkleidet – seine Krieger in Heuwagen in eine Burg einschleuste und mit ihnen Edinburgh Castle für Schottland zurück gewann.

All das, um die Rückkehr von König David II. vorzubereiten, den er 1339 im Exil in Frankreich besucht hatte. Nach der Eroberung von Edinburgh Castle war es dann auch soweit und der König kehrte zurück. Später im selben Jahr machte sich dann William beim König unbeliebt, indem er Ramsay im Verließ verhungern ließ. Doch die Launen von Königen sind zuweilen wankelmütig und nach der Fürsprache von Freunden war er einige Monate später schon wieder ein Günstling des Monarchen. Klar, dass er daher auch einige Jahre später (1346, um genau zu sein) mit ihm in die Schlacht ritt.

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Wenig verwunderlich: Es ging gegen England. Doch meistens, wenn Schotten meinten nach Süden marschieren zu müssen, war das kein besonders erfolgreiches Unterfangen. So auch dieses Mal. Sie unterlagen in der Schlacht von Neville’s Cross und viele schottische Adlige wurden gefangen genommen. Unter ihnen William, der aber in guter Gesellschaft war: für die nächsten elf Jahre sollte der König als Gefangener in England bleiben und erst gegen ein hohes Lösegeld (was letztendlich das arme Schottland gar nicht bezahlen konnte) frei kommen. Douglas kam schon früher zurück in die Heimat, wo bekanntermaßen sein Patensohn schon die Herrschaft über einige seiner früheren Ländereien und Burgen übernommen hatte. Und von diesem wurde er dann auch 1353 erschlagen, bevor er in Melrose beigesetzt wurde.

Ich weiß nicht, ob es Euch auch schon aufgefallen ist, aber in der Geschichte der Borders stolpert man immer wieder über dieselben Namen und Familien. Männer (und einige wenige Frauen), die dieser Region und ihrer Geschichte den Stempel aufgedrückt haben. William Douglas ist so ein Name. So hieß nämlich auch der besagte Patensohn von William Douglas, dem Ritter von Liddesdale, der Letzteren ermordet hat. Daher reden wir jetzt über den überlebenden William Douglas, der – wie überraschend – ebenfalls in Melrose beigesetzt ist.

Sein Vater war übrigens der Guardion of Scotland, der 1333 bei der Schlacht von Halidon Hill fiel. Da war William gerade mal sechs Jahre alt. Da es für ihn gesünder war gemeinsam mit König David II. nach Frankreich zu fliehen wurde er dort erzogen. 1342 wurde er Lord of Douglas und begann nach der Rückkehr nach Schottland sein Haus (also den Clan und seine Besitzungen) in Ordnung zu bringen. Wie es sich für einen schottischen Edelmann ziemt ist er natürlich – mit seinem König und seinem Onkel – in die Schlacht von Neville’s Cross geritten und dort von den Engländern gefangen genommen worden.

Balliol (der Thronräuber) nutzte die Chance und verwüstete das südliche Schottland. Daran wird er aber nicht lange Freude gehabt haben, denn sofort nach seiner Rückkehr trat er in die Fußstampfen seiner Onkel und vertrieb in einem Guerillakrieg die Feinde von seinem Land. Auch wenn er scheinbar viel mit seinem Patenonkel gemeinsam hatte hielt ihn das nicht davon ab diesen 1353 zu erschlagen, um dann von König auch Liddesdale zu erhalten. Aber zur Ruhe setzte sich William danach immer noch nicht.

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Erfolgreich focht er 1355 gegen die Engländer, bevor er mit seinen Kämpfern nach Frankreich übersetzte und dort vom französischen König zum Ritter geschlagen wurde. In der Schlacht von Poitiers focht er gegen die Engländer unter dem Kommando des legendären schwarzen Prinzen. Er stritt vorbildlich, bis er erkannte, dass die Franzosen eine Niederlage erleiden würden. Dann entschied er sich, dass es besser Zeit ist zu gehen – und ging. Zurück nach England, wo er an dem Friedensvertrag zwischen Schottland und England beteiligt war.

Mit diesem Vertrag wurde auch das Amt des „Warden of the Marches„, verantwortlich für die Sicherheit der Grenze zwischen beiden Nationen, eingeführt. William wurde einer dieser Warden übernahm damit endgültig das strategisch günstig gelegene Hermitage Castle. 1357 war er an der Rückkehr des Königs aus der englischen Gefangenschaft beteiligt und 1358 wurde er zum ersten Earl of Douglas ernannt. Mit der guten Beziehung zum König war es aber vorbei, als dieser – in Ermangelung von Nachkommen – dem englischen König oder Prinzen die Krone Schottlands anbot.

Dazu kam es aber dann doch nicht. Statt dessen bestieg nach Davids Tod 1371 sein Neffe Robert (zweiter König dieses Namens) den Thron. Dieser war übrigens bis dahin Truchsess von Schottland gewesen. Im englischen Steward, woraus sich der Namen Stuart für die damit beginnende Dynastie ableitete. Eine Dynastie, die bis 1714 herrschte (am Schluss sogar in Personalunion über Schottland und England). Zumindest die Krönung des ersten Stuarts erlebte William noch mit, bevor er 1384 starb und dann in Melrose beerdigt wurde.

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Auch sein Sohn, James Douglas, liegt hier begraben. Er war mit der Tochter von König Robert II. verheiratet und starb nur vier Jahre nach seinem Vater – bei einer Schlacht gegen die Engländer. Wie überaschend.

Doch auch noch im 19. Jahrhundert und bis in unsere heutigen Tage wurde und wird der Friedhof genutzt. So wurde 1868 der schottische Physiker und (Wieder-)Entdecker des Kaleidoskops, David Brewster, in Melrose begraben. Auch dient Melrose Abbey als Familiengrabstätte der Dukes und Duchesses of Buccleuch, den größten privaten Landbesitzern von Großbritannien und Nachkommen vom „Border Reiver“ „Bold Buccleuch“, der uns ja auch schon in meinen Berichten begegnet ist. Von den Dukes von Buccleuch waren übrigens Einige auch Kommandanten der Royal Company of Archers, the Queen’s Bodyguard for Scotland, zu denen auch der Schriftsteller Walter Scott (übrigens auch mit den Dukes verwandt) einmal gehörte. Aber von diesem schottischen Nationalhelden berichte ich im nächsten Beitrag über meine Schottland-Reise …

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