Das Amsterdamer Rijksmuseum – ein Hort der Schätze
Es war ein reiner Zufall. Vor ein paar Wochen verlinkte jemand auf Facebook die aktuelle Ausstellung im Amsterdamer Rijksmuseum. „Catwalk“ nennt sie sich und präsentiert noch bis zum 16. Mai 2016 textile Exponate aus dem 17. bis zum 20. Jahrhundert, die das Museum gesammelt und bis dato nicht im angemessenen Rahmen ausgestellt hat. Da mein Mann und ich an historischer Mode sehr interessiert sind, sprachen wir also über die Ausstellung – und vergaßen sie wieder. Ein bisschen. Bis es uns dann am vergangenen Wochenende sehr spontan nach Amsterdam verschlug und sich nun die Gelegenheit bot, das letzjährige „Museum des Jahres“ zu besuchen.
Was soll ich also sagen? Wir hätten es beinahe nicht bis in die Sonderausstellung geschafft, denn die 8000 wundervollen ausgestellten Exponate der Dauerausstellungen hielten uns vier Stunden lang gefangen und ließen uns um 17 Uhr, als das Museum schloß, mit Kopf und Herz voller Bilder und der Gewißheit zurück, dass wir sehr bald in dieses Museum zurückkehren müssen, um all den Schönheiten, die man dort sehen kann, die Bewunderung zu schenken, die sie zweifelsohne verdienen. Übrigens: das Museum besitzt über eine Million (!) Exponate.
Die Rundgänge beginnen im Nullgeschoss mit dem Bereich des Mittelalter, arbeiten sich über die erste und zweite Etage durch die holländischen Meister der Renaissance und Barock und dann immer weiter hinauf über die Zeit der Aufklärung bis hin zur Moderne im dritten Geschoss. Rembrandt und Vermeer treffen hier auf van Gogh und Rietveld, Bilder reihen sich an Holzschnitzereien, Fotografien, Marmorskulpturen, Möbel, Musikinstrumente, Geschirr, Waffen und Kleidung.
Höhepunkt der Ausstellung ist für die meisten Besucher (die dementsprechend knubbelweise vor dem Gemälde zu finden sind) Rembrandts „Die Nachtwache„. Ein riesiges, wunderschönes Gemälde, in dem der Künstler mit Licht und Schatten, lebendigen Gesten und Gesichtern auf unnachahmliche Art und Weise spielte und es sich dabei direkt mit den Auftraggebern (und damit vielen potentiellen Kunden) verscherzte – er bekam nach Auslieferung des Gemäldes für lange Zeit keine Porträtaufträge mehr. Warum das so war? Man vermutet, dass einige der Abgebildeten ziemlich beleidigt über die Tatsache waren, dass sie im Hintergrund untergingen und man sie nicht vollkommen sehen konnte. Aber wie sagt man so schön? Frei ist die Kunst.
Für meinen Mann und mich fanden sich aber andere Favoriten, die uns sehr berührten. Hagen verliebte sich in das Porträt Sir Thomas Gresham, gemalt von Anthonis Mor, aus dem Jahre 1554. Ein Bild, so wirklichkeitsgetreu, dass man meint, ein Foto vor sich zu haben. Kein merkbarer Duktus ist auf dem Gemälde zu sehen, die Zeit scheint die Leinwand kaum berührt zu haben. Ein umwerfendes Meisterwerk. Schaut es Euch hier mal an: klick mich.
Ich selbst blieb lange vor dem Gemälde der Maria Magdalena von Carlo Crivelli stehen, einem italienischen Meister. Hier kann man den Zauber des Gemäldes erahnen, aber ich kann nur jedem ans Herz legen, sich das Werk in voller Größe anzusehen. Die Gestaltung der langen Haare und der fragilen Hände gehört für mich zu den schönsten Dingen, die ich jemals in der Malerei gesehen habe.
Am Ende schafften wir es zum Glück dann doch noch zum „Catwalk“ und konnten die texilen Prunkstücke bewundern. Da wir beide selbst nähen, oftmals auch per Hand, konnten wir bei einigen Stücken nur noch in Ehrfurcht erstarren und im Kopf durchrechnen, wieviel hundert Stunden harter Arbeit in Plissees, Stickereien und meterlangen Säumen stecken. Die eine oder andere Idee für unser gemeinsames Hobby LARP haben wir natürlich auch abgegriffen.
Rund um das Museum ist übrigens auch einiges los. Die riesigen I Amsterdam-Lettern laden zum Fotografieren ein, Straßenmusiker spielen auf, Fahrradrikschen warten auf Kunden, Aktionskünstler und Individualisten zeigen, was sie haben. Wer nach dem Besuch des Rijksmuseums und dem Eintauchen in diese ganz besondere Atmosphäre noch Zeit und Lust hat: ganz in der Nähe gibt es auch noch das Stedelijk Museum für zeitgenössische Kunst und das Van Gogh-Museum, das Werke und Eigentum des berühmten Malers zeigt.